4.6 Berücksichtigung von Bodenkontaminationen bei Infrastrukturmaßnahmen
Berücksichtigung von Baufachlichen Gutachten
(1) In die Bauplanung müssen Kenntnisse über Bodenkontaminationen einfließen, um Verzögerungen und Mehrkosten zu vermeiden. Eine Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse der Phasen I und II wie auch eventueller Sanierungen ist notwendig und muss in das baufachliche Gutachten zum Baugrundstück einfließen. Aktuelle Informationen mit Ergebnissen und dem Stand der Untersuchungen sind im Informationssystem Boden- und Grundwasserschutz INSA gespeichert und stehen zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung.
(2) Vor Einleitung des Planungsverfahrens gelten in der Regel das Zustimmungs- oder das Kenntnisgabeverfahren im Rahmen der bauaufsichtlichen Behandlung. Dazu müssen aktuelle Erkenntnisse über mögliche Kontaminationen auf der betroffenen Liegenschaft bzw. auf den betroffenen Flächen und deren finanzielle Auswirkungen vorliegen. Mindestanforderung ist die Durchführung der Phase I. Wurde eine Phase I nicht durchgeführt, sind Bodeneingriffe und das Aufnehmen von Oberflächenbefestigungen möglichst zu vermeiden.
(3) Wurden in der Phase I KVF lokalisiert, können entweder entsprechende Korrekturen in der Bauplanung vorgenommen werden oder ggf. notwendige Untersuchungen der Phase II auf den KVF eingeleitet werden. Zeitverzögerungen (z. B. Baustillstandszeiten) und Mehrkosten (z. B. Ausfall-, Entsorgungs- und Sanierungskosten) können durch eine entsprechende Bauplanung im Vorfeld vermieden werden.
Fachgutachterliche Begleitung beim Umgang mit kontaminiertem Boden
(4) Werden Baumaßnahmen auf kontaminierten Flächen (KF) oder parallel zu Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, ist eine Fachgutachterliche Begleitung (s. Kapitel 5.3.3) notwendig und entsprechend zu planen (u. a. Separieren des kontaminierten Bodenaushubs, Deklaration, Bereitstellung, Entsorgung, Überwachung, Dokumentation, Datenerfassung). Zu beachten sind die ab 01.08.2023 geltenden Anforderungen, die sich aus der Novellierung der BBodSchV und Einführung der ErsatzbaustoffV ergeben.
(5) Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich durch die Erfordernis der Sanierung ggf. die ursprünglich geplante Baumaßnahme erheblich verzögern kann.
Prüfung der Möglichkeit einer in-situ-Sanierung
(6) Bei Kontaminationen durch leichtflüchtige Stoffe, z. B. durch aromatische Kohlenwasserstoffe an Tankstellen, Tanklagern, Betankungsplätzen etc. und leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe in metallbearbeitenden Einrichtungen, Werkstätten, Chemikalienlagern, chemischen Reinigungen, Wäschereien etc. ist in jedem Falle die Möglichkeit einer in-situ-Sanierung zu prüfen, bevor Eingriffe in den kontaminierten Boden erfolgen. Sind solche Verfahren in dem jeweiligen Fall anwendbar, kann der Aushub von kontaminierten Böden auf das baubedingt notwendige Maß beschränkt werden.
Bodenkontaminationen nicht unkontrolliert aufdecken
(7) Versiegelte Flächen über kontaminiertem Boden sollten grundsätzlich nicht aufgebrochen und entfernt werden, bevor ein Konzept zur Berücksichtigung der Kontamination bei der Baumaßnahme vorliegt. Die Versiegelung bietet Schutz gegen Auswaschungen aus dem Boden durch Niederschläge und verhindert bzw. vermindert so eine weitere Ausbreitung von Schadstoffen. Bei einer Bodenentnahme besteht darüber hinaus die Gefahr der Ausgasung flüchtiger Schadstoffe in die Atmosphäre. Befestigte Park-/Stellplätze und Lagerflächen mit sichtbaren oder vermuteten größeren Kontaminationen sind als Lokalisierungshilfe so lange unberührt zu belassen, bis eine gutachterliche Stellungnahme vorliegt.
Rückbau
(8) Der Rückbau oberirdischer Gebäudeteile auf kontaminierten Flächen hat i. d. R. keine nachteiligen Folgen, sofern nicht die Streifen- und Flächenfundamente entfernt werden und die bestehende Bodenversiegelung zerstört wird. Die Behandlung kontaminierter Bausubstanz erfolgt nach den abfallrechtlichen Regelungen (s. Kapitel 6 und Baufachliche Richtlinien Recycling).
Nutzung überdachter Flächen
(9) Sofern Bodensanierungen erforderlich sind bzw. baubedingt kontaminierter Boden bei Baumaßnahmen anfällt, ist zu prüfen, ob überdachte Flächen als Bereitstellungslager bzw. als Lagerflächen zur Verfügung stehen.
Umgang mit kontaminiertem Boden
(10) Wird kontaminierter Boden bei Baumaßnahmen entnommen, gelten ggf. abfallrechtliche Bestimmungen. Der Aushub ist stets auf das baubedingt notwendige Maß zu beschränken. Kontaminierter Boden ist zu separieren, in Containern und/oder auf undurchlässigen, möglichst überdachten Flächen (Beton) bereitzustellen, zu sichern und ggf. abzudecken (Plane). Hierzu ist eine fachgutachterliche Begleitung notwendig, s. (4). Diese ist für die Beweissicherung (Probenahme an den Aushubgrenzen) und die Dokumentation von Aushub, Separierung und Analytik verantwortlich. Die Bauverwaltung übernimmt die Datenpflege im INSA.
Leitungen und Tanks
(11) Leitungen und Tanks, die stillgelegt und entfernt werden sollen, sind zu entleeren und zu reinigen. Zu beachten sind dabei die einschlägigen gesetzlichen Regelungen (WHG) und technischen Regelwerke (TRbF etc.).
(12) Im Folgenden sind einige wichtige Aspekte aufgeführt, die bei Baumaßnahmen in kontaminierten Bereichen berücksichtigt werden müssen (siehe Info und Tab. 4-5).
Charakterisierung der Baumaßnahme
- Liegt ein Flächennutzungs-/Bebauungsplan vor?
- Um welche Baumaßnahme, Art der Bebauung handelt es sich?
- Wohnbebauung
- Gewerbe
- Landwirtschaft/Garten
- Verkehrsanlagen
- Bauwerke mit Gründungsarbeiten (Flach-/Tiefgründung)
- Ver- und Entsorgungsleitungen
- Rückbau
- Ist die Lage oder Trassenführung geplanter Bauwerke bekannt?
- Sind unterirdische Bauwerke geplant?
- Kann ggf. auf eine Unterkellerung verzichtet werden?
- Ist mit einer Änderung des Planums (Aufhöhung oder Abschiebung) zu rechnen?
- Ist eine Änderung im Flächennutzungs-/Bebauungsplan möglich?
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